Frieden heißt: „sich zu vertragen“ – (Friedensvertrag)
Vertragen, kommt von Vertrag – Friedensvertrag
Merkmale von Verträgen:
- Ein Vertrag koordiniert und regelt das soziale Verhalten durch eine gegenseitige Selbstverpflichtung .
- Er wird freiwillig zwischen zwei (oder auch mehreren) Parteien
- Im Vertrag verspricht jede Partei der anderen, etwas Bestimmtes zu tun oder zu unterlassen (und damit eine von der anderen Partei gewünschte Leistung zu erbringen).
- Dadurch wird die Zukunft für die Parteien berechenbarer.
- Wenn eine Partei den Vertrag bricht, so kann dies die andere Partei ganz oder teilweise von ihrer Verpflichtung zur Erfüllung des Vertrags
- Der Inhalt der vertraglichen Vereinbarung muss von den Vertragsparteien im gleichen Sinne verstanden Andernfalls kommt es zu unterschiedlichen Auslegungen des Vertrages, und der Zweck des Vertrages, die Koordination zukünftigen Verhaltens, wird verfehlt. Deshalb sind auch Täuschungen der anderen Partei über das Vereinbarte unzulässig.
Für den Philosophen Immanuel Kant ist Frieden kein natürlicher Zustand zwischen den Menschen und auch nicht zwischen den Staaten (Hang des Menschen zum Bösen), er muss deshalb gestiftet und abgesichert werden.
Damit Menschen sich „untereinander vertragen“, bedarf es aus seiner Sicht einer gemeinsamen Friedensordnung (Ordnungsrahmen), in Form eines Friedensvertrages, der die Personen (Menschen und Staaten) in klare Verhältnisse bringt, in denen jeweilige Rechte geschützt und wechselseitige Verletzungen und Ansprüche auf Basis dieser Rechtsordnungen entschieden werden können.
Außerhalb einer Ordnung herrscht auch zwischen Personen, die sich gegenseitig keinen Schaden de facto zufügen, kein Friede, es herrscht eher Zwietracht oder gar Krieg, da ihre Sicherheit nicht wechselseitig garantiert ist.
Das heißt auch, dass Menschen und / oder Staaten, die sich nicht einer Friedensordnung anschließen wollen, auch nicht (mehr) anschlussfähig sind. Sie bringen sich durch diese Abgrenzung bzw. Ablehnung der Rechtsgeltung der herrschenden Friedensordnung und Friedensregeln in eine abseitige Position, von der aus sie nicht mehr anschlussfähig kommunizieren können. Sie sind sozusagen abgeschnitten vom Leitfaden der Kommunikation, das schafft Unsicherheit und Misstrauen bei ihnen selbst und bei anderen. In Ermangelung einer verbindlichen Friedensordnung (Kommunikationsmedium Friedensrecht) werden sie nicht mehr verstanden und verstehen auch andere nicht mehr. Darin liegt die Gefahr und das Dilemma der Ordnungslosigkeit.
Ein Friedensvertrag ist grundsätzlich etwas, was Ordnung und somit klare Rechtverhältnisse zwischen den Menschen untereinander und den Menschen und ihrem Staat bzw. zwischen verschiedenen Staaten herstellen muss.
Ein Friedensvertrag ist eine soziale Institution, die wechselseitig zwischen Personen, Personen und Staaten oder zwischen Staaten ausgehandelt wurde. Demnach lassen sich drei Rechtssysteme unterscheiden:
1. Das Staatsbürgerrecht im Rahmen einer liberal-demokratischen Verfassung basiert nach Kant auf den Prinzipien der Freiheit aller Menschen der Gesellschaft, der Unterordnung aller unter die gemeinsamen Gesetze sowie der Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz. Es erfolgt eine Kontrolle der Macht durch Trennung von Exekutive und Legislative.
In der Despotie sind Gesetzgebung und Regierung in einer Hand, so dass Missbrauch von Macht nicht verhindert wird: die Regierung folgt dem Interesse der Herrschenden.
2, Das Völkerrecht. Frieden unter Staaten kann nach Kant nur dann bestehen, wenn ein Staatenbund als Friedensbund entfaltet wird, in dem sich die verbündenden Staaten in einem gemeinsamen Friedensvertrag wechselseitig zu „Erhalt und Sicherung“ ihrer jeweiligen Freiheit zusammen tun.
In einem Staatenbund / Völkerbund bleiben die Einzelstaaten bestehen, und ihre Souveränität im Inneren wird nicht und im Äußeren kaum eingeschränkt. Der Friedensbund verbindet Staaten mit demokratisch–republikanischer Ordnung, die sich in einer freien Föderation zusammenfinden und ein Weltbürgerrecht anerkennen.
„Denn wenn das Glück es so fügt: dass ein mächtiges und aufgeklärtes Volk sich zu einer Republik (die ihrer Natur nach zum ewigen Frieden geneigt sein muss) bilden kann, so gibt diese einen Mittelpunkt der föderativen Vereinigung für andere Staaten ab, um sich an sie anzuschließen, und so den Freiheitszustand der Staaten, gemäß der Idee des Völkerrechts, zu sichern, und sich durch mehrere Verbindungen dieser Art nach und nach immer weiter auszubreiten.“
Immanuel Kant
Beispiel für das Verhalten Russlands außerhalb des Völkerrechts.
Kaja Kallas – Premierministerin von Estland auf der Münchener Sicherheitskonferenz vom 19.02.2022 über die Verhandlungstaktik der Russen: „Russland stellt die Forderungen. Russland droht. Und wenn wir jetzt darüber nachdenken, ihnen etwas anzubieten, dann bekommen sie etwas, was sie vorher nicht hatten. Ich habe schon öfter Andrei Gromyko, den ehemaligen Außenminister der Sowjetunion, zitiert. Er hat über die Verhandlungstaktik der Sowjetunion gesagt: Es gibt drei Dinge. Erstens: Fordere immer das Maximum. Frage nicht, sondern fordere etwas, was dir nie gehört hat. Zweitens: Setze ein Ultimatum, sprich eine Drohung aus. Und drittens: Gib in den Verhandlungen nicht nach, denn es wird immer Menschen im Westen geben, die dir ein Angebot machen. Fazit: Und am Ende hat man ein Drittel oder sogar die Hälfte von etwas, was man vorher nicht hatte.“
3. Das Weltbürgerrecht ist angelehnt an den Kosmopolitismus (Weltbürgertum). Der ist eine philosophisch-politische Weltanschauung, die den ganzen Erdkreis als Heimat betrachtet. Das Konzept geht auf die Antike zurück. Es steht im Gegensatz zum Nationalismus und Provinzialismus.
Das damit im Zusammenhang stehende Weltbürgerrecht besagt, dass sich jeder Mensch auf den internationalen Menschenrechtsschutz berufen kann und jeder Mensch überall Besuchsrecht für ein anderes Land besitzt, d. h. er kann überall einreisen, ohne dass seiner Freiheit zusätzliche Beschränkungen unterliegen.
Das Weltbürgerrecht bezieht sich auch auf die wechselseitige Öffnung der Staaten, die freien Handel untereinander betreiben.
Das Recht des Fremden (Mensch / Staat) ist auch eingeschränkt: ebenso wie er unversehrt das Recht „auf Ankunft“ und zur Aufnahme von Beziehungen erhalten soll, muss dieser das Eigentum und die Kontrolle der Gastgeber über ihren Ort anerkennen.
Die Gewährung des Friedens ist Sache der Politik, die andere Interessen dabei der kosmopolitischen Idee eines allgemeingültigen Rechtssystems unterzuordnen habe; denn so heißt es bei Kant: „Das Recht der Menschen muss heiliggehalten werden, der herrschenden Gewalt mag es auch noch so große Aufopferung kosten.“
Die Gesetze werden nicht in erster Linie dazu erlassen, Wohlstand oder Glückseligkeit zu schaffen, sondern um das Recht auf Frieden untereinander sowie Freiheit und Gleichheit eines jeden zu wahren.
Die Gewährung des Friedens ist in erster Linie Sache der Politik. Aber souveräne Menschen (Weltbürger) mischen sich dennoch in souveränen Gemeinschaften und Gesellschaften ein, erklären ihre individuelle Haltung und Anschauung und beeinflussen durch das, was sie aussagen und / oder tun, autoritätsvoll die herrschende Politik. In diesem Sinne sollten sich mutige Weltbürger in einer Welt voller Zwietracht und Krieg um eine Friedensordnung bzw. ein Friedensrecht bemühen, das ein souveränes Leben aller, in souveränen Staaten und in einem souveränen Staatenbund (Weltgesellschaft) wechselseitig garantiert und sicherstellt.
Denn in der Orientierung an dem Guten und Gerechten heißt es: „…dein Reich komme, dein Wille geschehe, unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern …“.
Soll sagen, eine gute und gerechte Weltfriedensordnung ist geboten. Den Schuldigen soll verziehen werden, allerdings müssen sie für ihre Schuld vollumfänglich einstehen und die strafrechtlichen Konsequenzen (er)tragen.
Auch ist es schwer vorstellbar, mit Lügnern, Mördern, Dieben, Vergewaltigern und sonstigen Schwerverbrechern, politisch rechtsverbindlich über eine gerechte (Welt)Friedensordnung in o. g. Sinne zu verhandeln.
Das werden diese (Verbrecher) politisch andersdenkenden Landsleuten bzw. politischen Führer/innen überlassen müssen!
Währenddessen schadet es nie, sich in allen Lebenslagen immer wieder die kantischen Fragen zustellen.
- Was kann ich wissen? (Erfahrung / Wissen / Beobachtung / Bewertung / Diskurs …)
- Was soll ich tun? (Handlung / Umsetzung / Bewegung …)
- Was darf ich hoffen? (Zukunftserwartung / Beurteilung …)
Mein Wissen bestimmt meine Erwartung, und meine Erwartung steuert mein Tun. Durch Reflexion (auch Selbstreflexion) und Antizipation nähert man sich daran an, die richtigen Dinge (Effektivität) gut (Effizienz) zu tun.
Für das Überleben in einer umkämpften und oftmals sehr bösen Welt ist es notwendig, die Zukunft in irgendeiner gesetzmäßigen und erwartbaren Art und Weise, hervorgehend aus der Gegenwart und der Vergangenheit zu betrachten, zu verknüpfen und daraus die richtigen Schlüsse für ein realitätstaugliches Handeln abzuleiten.
Ohne Antizipation ist kein vernünftiges (strategisches) Handeln möglich. Auch wenn viele Probleme eben nicht lösbar sind, sollte ein sinnvoller und intelligenter Umgang mit Problemen, Konflikten, (kriegerischen) Auseinandersetzungen … machbar sein.
Hierzu können Weltbürger aktiv Im umsichtigen Diskurs und auch im vernünftigen und pragmatischen Umsetzungshandeln beitragen. Zielstellung: Frieden für eine souveräne Ukraine mit souveränen Bürger/innen. Frieden für souveräne Weltbürger/innen, souveräne Staaten und einen souveränen Staatenbund (Weltgesellschaft).